Analog zur Entwicklung im deutschen Reich, wenngleich ein halbes Jahrhundert später, setzte auch in Stockstadt ein neuer Zeitabschnitt ein. Die Aschaffenburger Zellstoffwerke gründeten 1907 in Stockstadt eine ausgedehnte Nderlassung und leiteten damit den Strukturwandel von einer dörflich, landwirtschaftlich geprägten Gemeinde zu einem Industriestandort mit stetig wachsender Arbeiterschaft ein.
Auch in Stockstadt ging man nach dem Ende des Ersten Weltkrieges, der zwar eine militärische Niederlage, aber das Erreichen der Demokratie bedeutete, mit frischem Schwung an den Wiederaufbau des Ortsvereins. Zu den alten Genossen kamen eine beträchtliche Anzahl jüngerer dazu, die sich verpflichtet fühlten, am Aufbau der jungen Demokratie mitzuwirken.
Mit der großen Inflation von 1924, die zu einer totalen Geldentwertung führte, kamen sämtliche Investitionen zum Stillstand. Im Dezember wurde eine neue Währung auf Basis der Rentenmark eingeführt. Gleichzeitig endete auch die Legislaturperiode des Gemeinderats.
Die Amtszeit von Gottfried Depp bescherte der Gemeinde einen weiteren Ausbau ihrer Infrastruktur: Bau der Wasserleitung sowie 1930 Beginn der Kanalisation im Unterdorf als eine der ersten Gemeinden im Landkreis. Außerdem wurde nördlich der Gersprenz ein neuer Friedhof errichtet. Innenpolitisch aber stand Depps Amtszeit im Zeichen des Kampfes der SPD gegen den immer bedrohlicher heraufziehenden Nationalsozialismus und dessen Übergriffe auf die demokratischen Institutionen.
Der Einmarsch der amerikanischen Truppen am 24. März 1945 war für Stockstadt gleichbedeutend mit dem Ende des Krieges. Auch Stockstadt war von den verheerenden Zerstörungen die der Krieg mit sich brachte betroffen. In dieser Situation erinnerten sich die Amerikaner an ihre Pflicht, die kommunale Ordnung wieder herzustellen und das politische Leben in Gang zu setzen.
Erstmals in der Nachkriegsgeschichte verliert die SPD in Stockstadt für die nächsten zwölf Jahre das Bürgermeisteramt an die CSU.
Nach zwei Legislaturperioden ist es Lothar Schaffrath, der für die SPD wieder das Amt zurückerobert. Gemeinsam mit den SPD-Gemeinderäten setzt auch er zahlreiche neue Infrastrukturmaßnahmen durch. So entstehen in dieser Zeit das Waldstadion und das Baugebiet Dreispitz, werden das Feuerwehrgerätehaus erweitert und Schulen und Kindergärten saniert.
2008 gelingt es der CSU, den Bürgermeister und die Mehrheit im Gemeinderat zu stellen. Zwar wird Bürgermeister Peter Wolf auch 2014 mit knapper Mehrheit als Bürgermeister wiedergewählt, doch gewinnt die SPD im Marktgemeinderat einen Sitz hinzu und zieht mit acht Gemeinderäten mit der CSU gleich. SPD-Gemeinderat Dieter Trageser wird zum 2.Bürgermeister gewählt.
Bei den Kommunalwahlen 2020 ist die SPD erfolgreichste Partei. Sie stellt nach zwölf Jahren mit Rafael Herbrik wieder den Bürgermeister. Die Gemeinderatsfraktion bestätigt ihre Stärke von acht Gemeinderäten. Da die CSU einen Sitz verliert, ist die SPD nunmehr stärkste Fraktion. Auch der 2.Bürgermeister Dieter Trageser wird im Marktgemeinderat mit den Stimmen der SPD und der FWG wiedergewählt.